Montag, 18. Januar 2016

Wie lange kann der Preisverfall bei Rohstoffen noch andauern?

Das erste Jahrzehnt dieses Jahrhunderts wurde durch einen großen Bullenmarkt bei Rohstoffen gekennzeichnet. Dabei kann ich mich noch gut an die Jahre 2005 und 2006 erinnern als beinahe jede Pennystock-Aktie aus Kanada oder Australien, die irgendetwas mit Rohstoffen zu tun hatten, als große Gewinnchance gehandelt wurde. Auch Begriffe wie Öl, Gas oder Natural Resources im Unternehmensnamen reichten für lange Diskussionen in Foren oder auf anderen Plattformen aus. Mittlerweile klingen solche Berichte wie aus einer anderen Zeit, denn seit vier Jahren befindet sich der gesamte Rohstoffsektor in einem Bärenmarkt. Auch die Freunde des vermeintlich sicheren Hafens, also Gold zeigten sich verstimmt über die Goldpreisentwicklung der letzten Jahre.
Niemand kann aus heutiger Sicht wissen, wann der Preisverfall bei Rohstoffen beendet ist. Aber wir können uns anschauen, wie lange Rohstoff-Bärenmärkte in der Vergangenheit andauerten.

Selbst habe ich an verschiedenen Stellen gesagt, dass zum Beispiel beim Ölpreis die Marke von 40 US-Dollar historisch betrachtet eine gewisse Relevanz hat. Etwa auf diese Marke fiel der Ölpreis nach den Terror-Anschlägen im September 2001 oder auf dem Höhepunkt der Finanzkrise. Daher gab es Argumente, dass auf diesem Niveau wieder vermehrt Käufer von Öl-Wertpapieren auftauchen könnten. Diese blieben jedoch offenbar aus und aktuell liegt Brent Crude Oil sogar unter 30 US-Dollar.

Argumente für den Preisverfall bei Rohstoffen gibt es genug. So werden unter anderem Überkapazitäten beim Öl, eine fehlende Nachfrage der Wirtschaft und eine auf breiter Front fehlende Preissteigerung genannt. Inflationsraten von zuletzt 0,2 Prozent in der Eurozone und 0,5 Prozent in den USA sind angesichts der seit Jahren andauernden Nullzinspolitik der EZB und Fed verschwindend geringe Werte. Verbraucher merken dies an niedrigen Kraftstoffpreisen (2011 stand jeden Tag in den Zeitungen, wie die armen Autofahrer unter den hohen Kraftstoffpreisen leiden würden), auch zum Beispiel Kaffee ist günstig zu bekommen.

Wie lange dauerten Abwärtstrends bei Rohstoffen?

Über die Frage, wann die Trendwende bei Rohstoffen einsetzt, wird im Netz an verschiedenen Stellen heiß diskutiert. Dass zum Beispiel Gold jetzt seinen endgültigen Tiefpunkt erreicht haben sollte, lese ich schon seit dem Sommer 2014 regelmäßig. Wir stellen also schon einmal fest, dass ein Bärenmarkt bei Rohstoffen durchaus länger andauern kann als zum Beispiel am Aktienmarkt. Bei globalen Aktien-Indizes hatten wir an früheren Stellen festgehalten, dass ein bis drei Jahre in den letzten über 100 Jahren nicht überschritten wurde.

Werfen wir einen Blick auf den langfristigen Verlauf des CRB-Index, einen Rohstoff-Index, der sich aus 19 verschiedenen Futures zusammensetzt. Mehr zur Zusammensetzung und Gewichtung bei Wikipedia.

Rohstoff-Index CRB von 1749 bis 2011 - Quelle: ritholz.com
   
Zunächst einmal fällt bei diesem Langfrist-Chart auf, dass Anstiege bei diesem Rohstoff-Index jeweils ziemlich abrupt innerhalb relativ kurzer Zeit erfolgten. Es gab zwar auch starke Kursrückgänge, aber in der Mehrheit gab es langanhaltende Bärenmärkte mit einem immer weiter erodierenden Kursverlauf. Ziemlich beeindruckend ist dabei die lange Andauer. Denn ein Abwärtstrend dauerte in der Historie nicht unter zehn Jahren, im vorletzten Jahrhundert waren es auch schon zweimal um 30 Jahre. Was viele Marktteilnehmer nicht mehr in Erinnerung haben: Der letzte lange Abwärtstrend fand zwischen 1980 und 1999 statt.

CRB-Index von Januar 2011 bis Januar 2016 - Quelle: goyax.de
An einigen Stellen wird gesagt, ein Ölpreis von 30 US-Dollar müsse jetzt der Tiefpunkt sein. Wer jedoch jetzt einsteigt verliert immerhin weitere 15 Prozent, falls der Ölpreis auf 25 US-Dollar zurückgehen sollte. Es ist aufgrund der Historie durchaus nicht unwahrscheinlich, dass der Bärenmarkt nicht nur bei Öl, sondern auch bei vielen anderen Rohstoffwerten noch einige Jahre andauert. Was aber nicht heißt, dass kurzfristige Kursanstiege von einigen Prozent ausbleiben. Auch hier bewegt sich der Markt in Wellenform, was Chancen auf Kursgewinne eröffnet. Das ist dann allerdings Trading und kein langfristiges Investieren.

Anlass für eine neue Rohstoffhause wäre nach Einschätzung einiger Analysten zum Beispiel eine neue Massenindustrialisierung mit hoher Rohstoffnachfrage, so wie dies zum Beginn des Jahrhunderts in China der Fall gewesen sei. Mehr dazu in einem Artikel bei Finanzen100.de. Solange ein derartiges Ereignis nicht eintritt, gibt es auch keine Rohstoffhausse, so die These.

Was bedeuten große Rohstoffzyklen für den Aktienmarkt?

Jetzt kommt bei einigen sicher die Frage auf, wie die Korrelation zum Aktienmarkt ausfällt? In vielen Fällen war es so, dass bei starken Anstiegen des Rohstoff-Index der Aktienmarkt in Schwierigkeiten war. Beim letzten Anstieg Mitte des letzten Jahrzehnts ging der Aktienmarkt noch einigermaßen mit. Allerdings folgte auch bald der Crash zur Finanzkrise. Die 1970-er Jahre waren keine guten Aktien-Jahre. Der Grund scheint nahe liegend. Denn ein hoher Wert des Rohstoff-Index geht konform mit Inflation und damit einem Zyklus von Zinserhöhungen der Notenbanken. Hohe Leitzinsen mag der Aktienmarkt bekanntlich nicht, weil dann auch Anleihen eine gute Verzinsung bringen.

Auffallend sind jedoch die guten Aktienjahre in Zeiten eines Rohstoff-Bärenmarktes. Vor dem Crash mit einer großen Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929 gab es eine sehr starke Aktienhausse. Zwischen 1980 und 2000 erreignete sich ein sehr langer und starker Bullenmarkt bei Aktien.

Dow Jones Industrial Average seit 1889 - Quelle: Wohlstand durch Aktien

Fazit

Ein übergeordneter Abwärtstrend bei Rohstoffen dauerte in der Vergangenheit zehn Jahre und länger. Oft ging es dabei gar nicht einmal schnell abwärts, sondern langanhaltend und mündete in der Regel in eine Seitwärtsbewegung. In der Historie waren Bärenmärkte von Rohstoffwerten gleichzeitig häufig Bullenmärkte bei Aktien. Die Kombination ist nachvollziehbar, denn niedrige Rohstoffpreise bedeuten eine niedrige Inflation und damit normale bis niedrige Leitzinsen. Insofern sind die niedrigen Rohstoffpreise ein Argument für die baldige Fortsetzung der Hausse am Aktienmarkt.


Zum Weiterlesen:

9 Kommentare:

  1. Guter Artikel. Was mich aber allgemein wundert ist die fehlende Absicherung in vielen Depots. Jeder sichert sich privat gegen alle mögliche Risiken durch Versicherungen ab. Nur wenn es um das sauer verdiente Geld geht, werden die meisten da eher lax. Ich persönlich verzichte z.B. gerne auf ein paar Prozent mehr Rendite und schlafe dafür ruhig in Crashzeiten durch Put-Papiere.

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  2. Vielen Dank für die gute Researchearbeit!
    Sehr hilfreich!
    War es aber in den letzten Jahren nicht so, dass Rohstoffe und Aktien gestiegen sind?

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    1. In den jüngsten Jahren seit 2011 gibt es bereits die Divergenz bei Aktien und Rohstoffen. Außer die sehr von Rohstoffen abhängigen Schwellenländer performten ebenfalls schwach.

      Im letzten Jahrzehnt waren wegen der Rohstoffhausse vor allem die Schwellenländer Antreiber und hoben den Markt der Industrienationen mit an. Historisch war dies jedoch nicht der Standardfall.

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  3. Ich habe mein Depot abgesichert durch eine höhere Gewichtung von Edelmetallen und Rohsstoffen.

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  4. "Insofern sind die niedrigen Rohstoffpreise ein Argument für die baldige Fortsetzung der Hausse am Aktienmarkt"

    Nur eben leider nicht für Aktien von Unternehmen aus der Rohstoffbranche, und Ländern die stark von Rohstoffen abhängig sind ;-)

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    1. Das wird in der Tat spannend. Denn unter den großen Rohstoffkonzernen befinden sich ja auch einige Dividenden-Aristokraten. Gut, die Schwellenländer müssen sich halt auch andere finanzielle Standbeine suchen außer dem Rohstoff-Business.

      Der Markt sorgt halt dafür, dass man sich ständig irgendwie auf veränderte Bedingungen einstellen muss. Das gilt sowohl für Unternehmen als auch für Anleger ;-)

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    2. "Gut, die Schwellenländer müssen sich halt auch andere finanzielle Standbeine suchen außer dem Rohstoff-Business."

      Das ist ebenso wahr wie naiv. Die Lösung für den Weltfrieden ist ja im Prinzip auch nur "ja wir müssten halt einfach nur über alles ruhig reden und uns gegenseitig ganz doll liebhaben", aber das wird genauso unrealistisch passieren, wie als dass die Schwellenländer mal so einfach ihr ganzes Wirtschaftssystem ändern.

      Ich hatte es in den Kommentaren zum "Investieren in Rohstoffen"-Artikel ja schonmal anklingen lassen, aber das, was Forscher oft als "Rohstoff-Fluch" (statt Segen) bezeichnen, ist ein reelles Phänomen. Der eigentliche Reichtum an Bodenschätzen behindert die Entwicklung vieler Drittweltländer mehr, als das er sie fördert, denn ohne Rohstoffe müssten sie sich ja innovative Konzepte zur eigenen Wertschöpfung einfallen lassen. Sind aber Rohstoffe da, ist es viel zu "einfach", die ganze Wirtschaft auf die simple Ausbeutung derselben auszurichten. Das Land wird nicht langfristig industriell diversifiziert (und nicht in Bildung investiert), sondern nur zur kurzsichtigen Bereicherung einer korrupt-kleptokratischen Elite genutzt (die natürlich wenig interesse daran haben, dass sich an diesem für sie profitablen Status quo je etwas ändert, was auch die politische Fragilität vieler dieser Länder erzeugt).

      Der Rohstoffpreisverfall kann bald ein paar Staatspleiten auslösen (und viele schwächere Rohstoffkonzerne untergehen lassen). Je nachdem wie lange und stark die Sache anhält schlägt sich das auch auf den Gesamtmarkt durch, da die finanziellen Verflechtungen im globalen Kapitalismus ja viel enger geworden sind. Analog zu dem was 08 passierte, wäre mal interessant zu sehen was passiert sobald die ersten "systemrelevanten" Banken nennenswerte Ausfälle ihrer Schwellenländer-Bonds oder insolventen Rohstoffunternehmen-Investments zu verzeichnen haben. :-D

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  5. Die gesunkenen Rohstoffpreise zeigen im Grunde in welch deflationären Umfeld wir uns bewegen. Der Dollar ist stark, die Weltkonjunktur am Boden, China als Motor der Weltwirtschaft schwächelt und die Industrienationen kämpfen mit der Staatsverschuldung.
    Darüber hinaus herrscht ein Überangebot an Rohöl, da die OPEC-Staaten die Produktion nicht drosseln.

    Um die Weltkonjunktur anzuheizen, muss den Schwellenländern geholfen werden. Hier sehe ich reichlich Wachstumspotential. Es müssen Wege gefunden werden, um die Inflation anzukurbeln.
    Darüber hinaus braucht es weltpolitische Stabilität, damit Investitionen in die Zukunft getätigt werden.

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  6. Genau wie Alex lege ich mir in solchen Zeiten auch bevorzugt Rohstoffwerte ins Depot, die Werte der Reserven, Minen etc. der Konzerne sinken in der Regel nicht auf 0. Auch die großen Ölförderländer werden sich nicht ewig diese niedrigen Preise antun. Meiner Meinung nach sollte man einen gewissen(niedrigen)Prozentsatz in Rohstoffaktien halten. Durch die anhaltenden Kursverluste ist dieser im letzten Jahr gesunken und sollte jetzt wieder auf den ursprünglichen Prozentsatz angepasst werden, sodass man dann auch vom Aufschwung partizipiert wenn hier das Schlimmste überstanden ist. Auf kleine,unbekannte Unternehmen würde ich dabei aber nicht setzen, da hier doch fraglich ist wieviel Substanz die Unternehmen noch haben falls es doch noch etwas so weitergeht.

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