Donnerstag, 2. Oktober 2014

Was bedeutet ein fallender Euro für uns Anleger?

Im Frühling 2014 bis Anfang Mai hatte die Eurostärke viele Marktteilnehmer überrascht. Notierte die Gemeinschaftswährung zur Dollar-Währung der USA bei fast 1,40 US-Dollar. Zu dieser Zeit war in den Medien zu lesen, dass der Euro zu stark bewertet sei und den Euroländern eher eine Last sei. Anschließend folgte ein Trendwechsel und zum Monatswechsel September/Oktober 2014 hat der Euro auf rund 1,26 US-Dollar abgewertet. Natürlich weiß niemand, wie weit das weltweit am meisten beachtete Währungspaar diesen Trend fortsetzen wird. Aber was bedeutet ein schwacher Euro eigentlich für uns Anleger, die in der Eurozone leben und dort ihr Geld anlegen?

Deflationsgefahr nun offenbar erkannt
Zunächst einmal scheint die durchaus reale Gefahr einer Deflation in der Eurozone mittlerweile auch bei vielen Marktkommentatoren angekommen zu sein. Denn die Teuerungsrate fiel in der gesamten Eurozone auf nur noch +0,3 Prozent. Angesichts der radikalen Maßnahmen der EZB in den letzten Monaten und Jahren ist dieser Wert wahrlich kein gutes Zeichen. Unter "normalen" Bedingungen müsste die Inflationsrate bei dem bereits lange niedrigen Leitzins erheblich über 2 Prozent liegen.

Es ist noch gar nicht lange her, da war es beinahe Konsens, dass wir uns auf eine mehr oder weniger starke Preissteigerungsrate einstellen müssten. Doch spätestens als der Goldpreis 2013 im großen Stil gefallen ist, war eigentlich klar, dass in den Industrienationen generell nicht die Inflationsgefahr das Thema ist. Auf "finanziell umdenken!" hatte ich auf die deutlich größeren Deflationsgefahren mehrfach hingewiesen, mindestens hier, hier, hier, hier und hier.

Schwache Devisenprognosen von Analysten
Was mir in den letzten Jahren zusätzlich auffiel, sind die einfach nur extrapolierten Prognosemeinungen von Analysten und anderen Marktteilnehmern. Als der Euro Anfang des Jahres anstieg und diesen Wert von fast 1,40 US-Dollar aufwies, war die Rede von einem Euro bei 1,50 US-Dollar. Mittlerweile höre und lese ich schon wieder etwas von einer Währungsparität - wie übrigens analog bei den letzten Abwärtstrends des Euros bereits geschehen.

Kurs des Euro gegenüber dem US-Dollar seit 2002
Quelle: comdirect.de
Schauen wir uns das Währungspaar Euro und US-Dollar einfach im längerfristigen Chart an. Seit dem Jahrtausendwechsel startete eine Rally des Euro gegenüber dem US-Dollar, die den Euro auf fast 1,60 US-Dollar stiegen ließ. Damals boomten die Rohstoffpreise inklusive Öl und nur wegen des damals starken Euro stöhnten in Mitteleuropa nicht noch mehr Autofahrer über die hohen Kraftstoffpreise.

Wohin geht nun der Euro?
Seitdem gab es mehrfach Kursrückgänge auf das Niveau um 1,20 US-Dollar mit anschließenden erneuten Aufwärtstrends. Allerdings sind die immer weiter abnehmenden Hochpunkte des Euro auffällig. Also könnte es gut sein, dass der Kurs des Euro erneut die Marke von 1,20 US-Dollar anvisieren wird.

Für eine weitere deutliche Abwärtsbewegung fehlt mir derzeit  jedoch ein wenig die Phantasie. Weiter als aktuell kann die Europäische Zentralbank EZB die Leitzinsen nicht senken, sie kann lediglich noch unkonventionelle Maßnahmen wie den Aufkauf von Staatsanleihen durchführen. Aber das ist ebenso dem Markt bekannt wie eine mögliche Zinswende mit einer Straffung der Geldpolitik in den USA.

Daher halte ich die jetzt noch folgende Abwärtsbewegung des Euro ziemlich begrenzt. Möglicherweise wird die Marke von 1,20 US-Dollar etwas unterschritten, aber eine Parität erwarte ich derzeit nicht. Eher liegt das Überraschungspotential auf Seiten des Euro, falls die US-Notenbank im Jahr 2015 doch keine nachhaltige Zinswende einleiten sollte. Denn dafür hat sich die Wirtschaft in den USA eigentlich noch nicht genug erholt, aber sie hat sich mittlerweile an die jahrelang niedrige Zinspolitik gewöhnt. Eine drastische Zinsanhebung 2015 und 2016 würde wohl zu deutlichen Verlusten an den Aktienmärkten führen.
Meiner Meinung nach wird es - wenn überhaupt - eher eine symbolische Zinsanhebung geben - wir werden es im nächsten Jahr erfahren.

Warum wir keine Währungsparität von Euro und US-Dollar sehen werden, liegt also weniger an einem erstarkenden Euro als die letztendlich fehlende Stärke des US-Dollar.

Was bedeutet ein fallender Euro für einen Anleger in der Eurozone?
Welche Auswirkung eine niedrige Preissteigerungsrate für uns Anleger in der Eurozone hat, hatten wir uns bereits im Artikel "Verbraucherpreise in Europa sinken" angeschaut.
Aber was bedeutet eine schwankende Währung in Form des Euro eigentlich für uns Anleger? Die Frage nach dem Einfluss einer Währung auf die eigene Geldanlage tauchte mindestens in folgenden Kommentaren "langfristiges Dividendenwachstum bei Johnson&Johnson" und "Privatanleger haben kaum eine Chance bei Überraschungen" auf.

Nun, es ist fast egal in welcher Währung ein Unternehmen an welchem Börsenplatz gehandelt wird. Ich denke, die meisten Anleger der Eurozone handeln neben Euro-Unternehmen am liebsten noch US-Aktien, die in US-Dollar notieren.
Was passiert, wenn ein Anleger aus der Eurozone zum Beispiel eine Apple-Aktien für aktuell 100 US-Dollar kauft und anschließend der Euro gegenüber dem US-Dollar abwertet? Bei angenommen gleichbleibenden Dollar-Wert und einem Euro/US-Dollar-Kurs von 1,30 muss der Euroanleger 76,92 Euro für die Apple-Aktie zahlen. Nun wertet der Euro auf 1,20 US-Dollar ab und der Kurs der Apple-Aktie liegt weiterhin bei 100 US-Dollar auf, dann ist der Wert der Apple-Aktie auf 83,33 Euro gestiegen.
Aber damit hat der Euro-Anleger nun keinen Gewinn gemacht, denn seine Währung ist mittlerweile weniger wert, wie die Rückrechnung: 83,33 * 1,20 = 100 US-Dollar beweist.

Noch der Hinweis, dass es durchaus Sinne macht, den Handel von Aktien an der jeweiligen Heimatbörse durchzuführen, weil dort der jeweils liquideste Markt mit den fairsten Preisen vorgefunden wird.

Auf der anderen Seite - jetzt kommen wir zu den tatsächlichen Gefahren durch Währungsschwankungen - kommt es aber darauf an, welche Gewinne ein Unternehmen in welchen Währungsräumen erzielt. Denn die Gewinne ändern sich bei einer Änderung von Währungspaaren mit und somit letztendlich auch die Gesamtbewertung eines Konzerns.
Selbst wenn ein konservativer deutscher Anleger sagt: "Ok, ich investiere lediglich in deutsche Unternehmen", kann er sich ein Währungsrisiko ins Depot holen. Gerade die großen DAX-Konzerne agieren in vielen anderen Regionen der Welt, in der es andere Währungen und differierende Währungsverhältnisse zum Euro gibt.

Sofern also jemand der Meinung ist, der Euro und der US-Dollar zerfallen aufgrund der Niedrigzinspolitik der Notenbanken immer mehr, sollte schauen, welche Unternehmen ihr Hauptgeschäft zum Beispiel in China, Australien oder Kanada durchführen.

Persönlich betrachte ich die Währungen eher untergeordnet und wenn, dann mehr zur allgemeinen Diversifikation. Wie die letzten Jahre gezeigt haben, schwankt der Euro in einer Seitwärtsrange, die meist zwischen 1,20 und 1,40 US-Dollar liegt. Wer nun meint, dass der Euroraum gegenüber anderen Währungen signifikant abwertet und dies in seinem Portfolio berücksichtigt, betreibt übrigens taktische Asset Allocation. Dagegen ist natürlich nichts zu sagen, aber man sollte sich seines Handelns bewusst sein.
Außerdem hat die Erfahrung ebenfalls gezeigt, dass Prognosen über einen zukünftigen Währungsverlauf noch unsicherer sind als die Vorhersage, welchen Wert der DAX, Euro Stoxx, Dow Jones oder S&P 500 zukünftig erreichen.

Was ist Ihre Meinung? Sollte ein Anleger die Währungsschwankungen überhaupt berücksichtigen? Und wie weit wird der Euro gegenüber dem US-Dollar voraussichtlich fallen?

Zum Weiterlesen:

1 Kommentar:

  1. Anders herum gefragt, wie stärker wird der Dollar mittelfristig noch werden ? Kurzfristig mag er ja grad am steigen sein, und dafür lassen sich verschiedene Gründe (innerhalb und ausserhalb Amerikas) aufzählen - was ja unter anderem auch den interessanten Nebeneffekt hat, die (ja meist in Dollar notierten) Rohstoffe zu drücken oder zumindest stabil zu halten - aber wie nachhaltig mag diese Entwicklung auf Dauer sein ? Wenn wir uns als Langzeitinvestoren verstehen, sind wir ja auf Jahrzehnte hin ausgelegt. Und in diesem Horizont haben sich noch alle Währungen mehr oder weniger "verwässert".

    Auf die Frage, wie sich der (Klein)Anleger dazu einstellen soll, kann ich natürlich keine definitiven speziellen Vorraussagen für die Zukunft treffen, deswegen mag vielleicht der beste Ratschlag sein, zu versuchen sich wenigstens so breit wie möglich/nötig aufzustellen, dass man von allen eventuellen Entwicklungen noch etwas vernünftigerweise hat. Wenn man sich nicht zutraut, "taktisch" zu traden (und selbst dass sollte man doch auch nicht zu 100% machen) verteilt man seine Investitionen eben jeweils auf ein paar Euro und euro-basierte Werte, Dollarinos (und dito) und von mir aus noch ein paar Drittwährungen (ob das jetzt CHF, GBP, JPY oder CNY etc ist), kreuzt das ganze noch mit einer kleinen Rohstoff/Edelmetall-Komponente und fertig ist die Laube. Mal geht einiges runter, mal geht was andres dafür rauf, was solls solang die Erträge gut fließen kümmerts weniger "woher" die nun kommen. Im Moment zum Beispiel merke ich die Euro"schwäche" erstmal daran, dass die €-Ausschüttungen meiner (in $ laufenden) ETFs ansteigen. Was natürlich erstmal ganz nett ist, aber man ist sich bewußt dass das irgendwann mal wieder anders laufen kann (bzw. bei der Ausgaben-Seite wieder verstärkt abgezogen wird). Na mal sehen, von irgendwo wird schon immer der Profit herkommen, breit aufgestellt bringt mich da nichts wirklich aus dem Schlaf

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